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Geo-Psychologie - Wie unsere Herkunft unsere Psyche beeinflusst

Geo-Psychologie
Geo-Psychologie

In meiner Praxis begegne ich immer wieder Menschen aus ganz unterschiedlichen Ländern, Kulturen und Lebenswelten. Und je länger ich mit ihnen arbeite, desto klarer wird mir, wie sehr unsere Psyche – unser Selbstbild, unsere Werte, unsere Ängste und Wünsche – mit unserer Herkunft verwoben ist.


Es gibt viele Begriffe in der Psychologie. Doch für das, was ich hier beschreiben möchte, habe ich bisher keinen passenden gefunden. Also habe ich mir einen eigenen geschaffen: Geo-Psychologie.

Dieser Begriff steht für die Idee, dass unser inneres Erleben nicht losgelöst betrachtet werden kann von der geografischen, sozialen und kulturellen Umgebung, in der wir aufgewachsen sind. Und genau darüber möchte ich heute schreiben.


Der Selbstwert – ein kulturell geprägter Massstab

Mir fällt immer wieder auf, wie unterschiedlich Menschen ihren Selbstwert definieren – je nachdem, aus welcher Kultur sie stammen und in welchem Umfeld sie geprägt wurden.

Klientinnen und Klienten aus westlich-kapitalistisch geprägten Industrieländern bringen oft ein Thema mit, das sich wie ein roter Faden durchzieht:

„Bin ich gut genug? Habe ich genug geleistet? Ich darf nicht versagen. Verdiene ich meinen Platz in dieser Welt durch meine Arbeit, meine Karriere, mein Einkommen?“

In dieser Denkweise scheint der Selbstwert direkt gekoppelt zu sein an Erfolg, Produktivität und gesellschaftliche Anerkennung.

Auf der anderen Seite erlebe ich Menschen aus eher gemeinschaftlich orientierten Kulturen – aus Ländern, in denen Familie, Ehre oder Zusammenhalt einen ganz anderen Stellenwert haben. Dort geht es bei der Frage nach dem Selbstwert oft weniger um Status, Geld oder Karriere, sondern vielmehr um:

„Bin ich ein guter Vater? Eine gute Mutter? Was gebe ich an meine Familie und mein Umfeld weiter? Wo stehe ich spirituell? Und wurde die Welt vielleicht ein kleines Stück besser durch mich?“

Das ist keine Bewertung – sondern eine Beobachtung. Und sie hat mich zum Nachdenken gebracht.


Glaubenssätze, die wir nicht gewählt haben

Jeder Mensch trägt Glaubenssätze in sich. Manche davon sind uns bewusst, andere wirken im Hintergrund – wie ein stilles Betriebssystem, das unser Denken und Handeln steuert. Viele dieser inneren Überzeugungen stammen aus der Kindheit, aber auch aus dem kollektiven Denken unserer Herkunftskultur und dem damaligen Zeitgeist.


Ein Beispiel: In der westlichen Welt lernen wir früh, dass „Zeit Geld ist“, dass man hart arbeiten muss, um etwas zu erreichen, und dass Erfolg sichtbar sein soll. Diese Prägung kann antreiben – sie kann aber auch krank machen.


In anderen Kulturen steht hingegen oft im Mittelpunkt, ob man in Balance lebt, sich um seine Familie kümmert oder spirituell verwurzelt ist. Auch das kann stärken – oder unter Druck setzen, wenn die sozialen Erwartungen hoch sind.


So oder so: Unsere inneren Massstäbe entstehen nicht im luftleeren Raum. Und das zu erkennen, kann eine grosse Erleichterung sein.


Was bedeutet das für die persönliche Entwicklung?

Wenn ich mit Menschen arbeite, stelle ich mir oft die Frage:

Ist das, was dieser Mensch über sich glaubt, wirklich sein eigener Gedanke – oder ist es ein kulturell übernommener Glaubenssatz?

Gerade bei Themen wie Burnout, Selbstzweifeln, Leistungsdruck oder Beziehungsproblemen lohnt es sich, die kulturellen Prägungen mit einzubeziehen. Was in einer Gesellschaft als „normal“ gilt, kann in einer anderen völlig fremd oder sogar befremdlich wirken.

Ein Mensch aus einer Leistungsgesellschaft empfindet vielleicht Schuld, wenn er sich eine Pause gönnt. Ein anderer, aus einer kollektiv denkenden Kultur, fühlt sich egoistisch, wenn er einmal „nein“ sagt.


Wenn wir beginnen, solche Prägungen zu hinterfragen, öffnet sich ein neuer Raum – ein Raum für mehr Verständnis, auch für uns selbst.


Was wäre, wenn...

Was wäre, wenn wir uns erlauben würden, unseren Selbstwert nicht länger an äusseren Masstäben zu messen? Was wäre, wenn wir aufhören würden, uns zu vergleichen – und stattdessen neugierig werden auf das, was uns wirklich ausmacht?

Was wäre, wenn wir erkennen würden, dass wir viel von anderen Kulturen lernen können – nicht nur über sie, sondern auch über uns selbst?


Fazit

Unsere Psyche ist nicht unabhängig vom Umfeld, in dem sie entstanden ist. Unsere Gedanken, Ängste und Ziele wachsen in einem Boden, der geprägt ist von Geschichte, Gesellschaft und Kultur.


Geo-Psychologie, wie ich sie nenne, ist kein wissenschaftliches Modell – sondern eine Einladung. Eine Einladung, genauer hinzusehen:


Woher kommen unsere inneren Stimmen eigentlich – und welche davon gehören noch zu uns?

Vielleicht – ganz vielleicht – hilft uns dieses Verständnis, ein wenig mehr Frieden mit uns selbst zu schliessen.


Zum Abschluss

Ich hoffe, dieser Blogbeitrag hat dir neue Einsichten geschenkt – und dich vielleicht dazu inspiriert, deine eigenen Glaubenssätze einmal liebevoll zu hinterfragen.

Manchmal reicht schon ein kleiner Perspektivenwechsel, um mehr innere Freiheit zu spüren.


Bis bald – vielleicht persönlich in meiner Praxis oder beim nächsten Blogartikel.


Mit herzlichen Grüssen


Marc Raffler


Mentalcoach & Hypnosetherapeut


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